Graschdanskaja Oborona: "Vsyo kak u lyudey" (1989)


Graschdanskaja Oborona ist bzw. war Punk aus Sibirien, yeah. Die Band wurde 1984 von Jegor Letow (Vocals, Guitar, Drums) in Omsk gegründet. Seine Mitstreiter waren bei der Gründung Gitarrist Andrej Babenko und Bassist Konstantin Rjabinow. Graschdanskaja Oborona bedeutet so etwas wie Bürgerwehr oder Zivilverteidigung, die Band kürzte den Namen manchmal auch mit GrOb ab. Im Jahr 1985 erschienen die beiden Alben "Optimism" und "Poganaja molodjosch". Jegor Letows Texte richteten sich gegen Militarismus, Diktatur, den sowjetischen Staat und den Krieg in Afghanistan und die Band bekam bald Probleme mit der Zensur. Graschdanskaja Oborona galten als antisowjetisch, obwohl Jegor Letow immer betonte, dass er der wahre Kommunist sei. Nach dem Zerfall der Sowjetunion Anfang der 90er Jahre, die Band bestand zu dieser Zeit aus Jegor Letow, Konstantin Rjabinow, Igor Zhewtun (Bass, Guitar, Backing Vocals) und Arkadij Klimkin (Drums), schloss sich Jegor Letow der Nationalbolschewistischen Partei Russlands an, die offen nationalistische, antidemokratische und sozialpopulistische Positionen vertrat. Erfreulicherweise distanzierte er sich Mitte der 90er wieder von dieser extrem rechten Partei, aber mit dem Kommunismus war es vorbei, Jegor Letow nannte sich danach einen Weltchristen. Das letzte Album "Satschem snjatsja sny" der Band erschien 2007 beim Label Misteriya Zvuka. Jegor Letow starb 2008 im Alter von 44 Jahren an einer Alkoholvergiftung. Die letzte Besetzung bestand aus Jegor Letow, Igor Zhewtun, Alexander Andrjuschkin (Drums) und Sergej Letow (Saxophone). Egal. Kurz spielten auch 2 Frauen bei Graschdanskaja Oborona, Jana Djagilewa (Bass, Backing Vocals) war von 1988 bis 1990 mit dabei und Anna Wolkowa (Bass, Keyboards, Violin, Backing Vocals) von 1995 bis 1997. Es gibt eine Menge Kassetten von Graschdanskaja Oborona, das meiste ist schwer zu bekommen, anhören sollte man sich die Band aber auf jeden Fall. Jegor Letow war eine dubiose Figur, oder besser gesagt, er wurde zu einer dubiosen Figur, oder anders gesagt, das Leben hat ihn zu einer dubiosen Figur gemacht. Okay. Ich habe mir unlängst das Buch "Theoral No.8 - Oral Music Histories And Interesting Interviews" 2014 über Christof Kurzmann gekauft. Theoral wird von www.theoral.org in Nickelsdorf herausgegeben. Das Linkssein oder das Verständnis von Linkssein von Christof Kurzmann hat sehr sympathische Seiten. Dem Buch liegt auch eine CD bei, mit verschiedenen Aufnahmen von verschiedenen Kurzmann-Projekten, also von Extended Versions bis Kommando Raumschiff Zitrone. Christof Kurzmann: Im Grunde kann ich sagen, ich bin ein Linker und ich hab natürlich auch gewisse Ideen, vor allem was mein soziales Umfeld betrifft oder mein soziales Verhalten. Das ist dann auch nicht aus der Musik wegzudenken, wies nicht aus der Liebe wegzudenken ist, wies nicht aus dem Reisen wegzudenken ist, das betrifft dann alles. Und ich meine: Links heißt nicht viel heutzutage, leider. Der Song "Vsyo kak u lyudey" ist auf der 2014 bei ZickZack Records erschienenen CD "Go Ost! Klang - Zeit - Raum: Reisen in die Subkulturzonen Osteuropas 1982-2013" zu finden, die dem gleichnamigen beim Ventil Verlag erschienenen Buch beiliegt. Sehr lesens- und hörenswert, yeah. Hört euch um in dieser Welt, Popmusik ist immer und überall. "Vsyo kak u lyudey" ist auch bei youtube im Angebot.

06.08.2022