Feeling B: "Tschaka" (1989)


New Wave aus Berlin Ost, yeah. Walter Ulbrich sagte 1965 auf dem XI. Plenum des ZK (Zentralkomitee) der SED (Sozialistische Einheitspartei Deutschlands): Ist es denn wirklich so, dass wir jeden Dreck, der vom Westen kommt, nu kopieren müssen? Ich denke, Genossen, mit der Monotonie des Je-Je-Je, und wie das alles heißt, ja, sollte man doch Schluss machen. "Yeah Yeah Yeah" war der erste Beatles-Film unter der Regie von Richard Lester, er kam 1964 in die Kinos. Die DDR (Deutsche Demokratische Republik) war sozusagen immer am Laufenden, und nicht nur die Politbonzen, nein, bereits 1963 gabs in der DDR Beatbands wie die Sputniks oder Butlers. Beide wurden dann Mitte der 60er Jahre verboten, aber der Beat war nicht mehr aufzuhalten. Feeling B wurde 1983 von Aljoscha Rompe (Vocals), Paul Landers (Guitar), Christian Lorenz (Keyboards), Otto Leimer (Bass) und Alexander Kriening (Drums) in Berlin Ost gegründet. Anfangs nannte sich die Band noch Feeling Berlin, doch es gab bereits eine Band mit diesem Namen, also kürzte man ihn auf Feeling B ab. Die Band gehörte zwar irgendwie zur Punkbewegung, absolvierte aber ein halbes Jahr nach ihrer Gründung eine staatliche Einstufung und hatte danach den Status einer anerkannten Amateurmusikgruppe mit Spielerlaubnis, was bedeutete, dass sie staatliche Vergütungen für ihre Konzerte erhielt. Es wird vermutet, das Aljoscha Rompes Stiefvater, ein SED-Funktionär, schützend die Hand über die Band hielt. Die ersten Veröffentlichungen von Feeling B waren die Kassetten "Live" und "Atlantis Demos" beim Label Heimat Kassetten. Dieses Label veröffentlichte auch Kassetten von DDR-Bands wie Die Vision, Kaltfront, Ichfunktion, AG Geige oder Freunde der italienischen Oper. Otto Leimer und Alexander Kriening verließen Feeling B Mitte der 80er Jahre und wurden von Christoph Zimmermann (Bass) und Winfried Knoll (Drums) ersetzt. Im Jahr 1989, also knapp vor der Wende, erschien dann bei Amiga Records das Album "Hea Hoa Hoa Hea Hea Hoa". Wolf-Dietrich Fruck: Bis dato waren stets nur 4-Stunden-Sessions im Studio möglich, also drei verschiedene Produktionen am Tag. Da kamen erst eine Rockband, dann ein Schlagersänger und abends noch ein Liedermacher. Da mir klar war, dass mit dieser Produktionsweise mit Feeling B nichts in die Reihe zu bekommen war, redete ich mir den Mund fusslig und überzeugte die Vorgesetzten meiner Firma, der Band das Studio total zur Verfügung zu stellen. Dies brachte im Nachhinein übrigens mächtigen Ärger, denn ein Artikel im Jugendmagazin Neues Leben mokierte sich heftig über diese Kapazitätsverschwendung, kamen doch die 'braven' Bands nicht zu solchen Privilegien. Nach der Wende veröffentlichten Feeling B noch die beiden Alben "Wir kriegen euch alle" 1991 und "Die Maske des Roten Todes" 1993, danach lösten sie sich auf. Paul Landers, Christian Lorenz und Christoph Schneider, der ab 1990 bei Feeling B trommelte, gründeten 1994 die Band Rammstein und wurden berühmt und berüchtigt. Aljoscha Rompe starb 2000 in Berlin im Alter von 53 Jahren. Paul Landers und Christian Lorenz waren zu DDR-Zeiten auch bei Bands wie Die Firma, Magdalena Keibel Combo, First Arsch oder Frigitte Hodenhorst Mundschenk aktiv. Christian Lorenz schreibt in seiner Biografie über seinen ersten Auftritt: Ich ging von der Bühne und versuchte, unsichtbar zu sein. Selbst meinen besten Freunden fiel es schwer, mir etwas Anerkennendes zu sagen. Einer nur sagte, sein Kumpel hätte ihn gefragt: Sage mal, was ist denn der da für ein cooler Typ, dem ist ja gar nichts peinlich. Da war ich mit meinem Auftritt schon wieder halb versöhnt. Immerhin hatte ich mich getraut aufzutreten. Und ich hatte gemerkt, was für ein unbeschreibliches Gefühl es war, auf einer Bühne zu stehen. Das Album "Hea Hoa Hoa Hea Hea Hoa" wurde 2010 beim Label Sechzehnzehn Musikproduktion neu aufgelegt. Tschaka, tschaka. So, jetzt noch eine Songempfehlung aus dem Jahr 1988, die ich leider vergessen habe in diese Liste aufzunehmen, also hört euch "Demokratie" von Andreas Dorau & Die Bruderschaft der kleinen Sorgen bei youtube an. Bababa baba Bababa baba Bababa baba Bababa baba / Demokratie / hat viele Gesichter / mal ist sie Schlichter / dann demonstriert sie / dann wieder schlägt sie zu / und lässt keinen in Ruh. / Mit anderen Worten: / Das ist Demokratie - langweilig wird sie nie. / Ob es einem schmeckt oder nicht! / Das ist Demokratie - langweilig wird sie nie. / Seien wir froh darüber! / Bababa baba Bababa baba Bababa baba Bababa baba / Demokratie, Herr Bundeskanzler, ist Herrschaft auf Zeit! Die Musik wurde von Andreas Dorau geschrieben, der Text von Hans-Peter Milevski, keine Ahnung wer das ist, auch nicht wer die Band Die Bruderschaft der kleinen Sorgen war, jedenfalls waren Frank Fenstermacher und Kurt Dahlke von der Band Der Plan bei den Aufnahmen der Single "Demokratie / Tradition" involviert, die 1988 beim Label Ata Tak erschien. Andreas Dorau hatte 1981 mit dem Song "Fred vom Jupiter" einen Hit, die Band hieß Die Doraus & Die Marinas. Andreas Dorau war damals 16 Jahre alt und der Song entstand während einer Projektwoche an der Otto-Hahn-Gesamtschule in Hamburg-Jensfeld.

06.07.2022