Fritz fragt
es antworten Petra Ganglbauer, Armin Baumgartner, Ilse Kilic, Wolfgang Helmhart, Christa Nebenführ, Gregor M. Lepka und Sophie Reyer
2015, 80 Seiten, Euro 12,00

(Leseprobe)

Fritz Widhalm: Wie u. wann bist du auf die idee gekommen, schriftstellerIn zu werden?

Wolfgang Helmhart: schwer zu sagen: eine gewisse rolle spielte sicherlich das fernsehen mit dem club 2. dort sah ich erstmals persönlichkeiten, künstlerInnen, wo ich mir dachte, cool, so sein wie die, so gscheit reden, scheinbar alles wissen, sich nix scheißen... das wäre was für mich... solche role models gab es in meinem umfeld nicht. die rolle des (groß-)schriftstellers, der hingeflätzt ins feuilleton, rotwein saufend, tschickend mit marx, benjamin, ardorno und raf-terror die welt erklärt, fand ich abenteuerlich. wird ja schon längere zeit nicht mehr besetzt die rolle des wüsten intellektuellen. am ehesten macht das bei uns noch der franz schuh. man sieht also, wie weit ich entfernt bin von meinen frühen idealen. gut so. (schreibmotive siehe: peephole is a word with a pig's snout, das fröhliche wohnzimmer, buntes lyrikheft nr.4). erklärung: die religion und ihre vertreter waren zu einer echten enttäuschung geworden - da kamen die künstlerInnen gerade recht - ersatzreligion, klarer fall. malen und singen konnte ich nicht. über das lesen kam ich letztlich über heiligenlegenden und karl may zu suhrkamp. und dort hab ich mir den wunsch geholt einmal auf der anderen seite eines buches zu stehen - vom faszinierten zum faszinierenden werden - vom verhexten zum hexer. schreiben begann als was heimliches. der schriftsteller unseres jahrgangs war damals wenger wolfgang. nie hätte ich es gewagt mich mit ihm zu messen. aber die romantiker und trakl - jung, genial - drogen und sterben - das fand ich irgendwie spannend. der lehrplan bei uns endete mit dem 1.weltkrieg - den dadaismus fing ich bei den punks auf. lang verlief das schreiben unterirdisch, unscheinbar, wie es begonnen hat, hörte es dennoch nie mehr auf - die welt, meine wahrnehmungen, mein leben eine einzige bewegung im medium des schreibens. erklärung: talent war nicht meins - sitzen und schreiben ist eine der angenehmeren möglichkeiten durchs leben zu tauchen - man kann gut allein sein und behaupten, es wäre arbeit - nennt mich wer 'schriftsteller', zucke ich immer noch zusammen - ertappt - wie ein schlechter hochstapler...