Kapitel 23: Fröhlichkeit


Ich beginne das Kapitel, das die Absicht hat, ein fröhliches Kapitel zu werden, mit einem Gedicht von Jörg Schubiger. Das Gedicht bringt mich zum Lächeln. Warum eigentlich? Weil es genau so ist:

Manchmal fühlt man sich allein
in seiner Haut
und manchmal ist man froh
dass niemand sonst drin Platz hat.

(Jörg Schubiger: "Der Wind hat Geburtstag")

Und so ist es auch:

Gestern

Gestern hab ich mir vorgestellt,
ich wär der einzige Mensch auf der Welt.
Ganz einsam war ich und weinte schon,
da klingelte das Telefon.

(Frantz Wittkamp)

Komische Sache mit dem Telefon. Es klingelt aber in Wirklichkeit eher selten, wenn man es sich wünscht, weil man sich einsam fühlt, insofern hat das Gedicht nicht wirklich recht. Trotzdem hat es auch nicht ganz unrecht, denn unerwartetes Klingeln gehört zu den Fähigkeiten eines jeden Telefons. Also ein freundliches Telefon würde genau das machen, was das Gedicht beschreibt, nämlich in Momenten niedergedrückter Stimmung klingeln, eine Verbindung herstellen, eine Verbindung zu einer tröstenden Stimme, irgendwo, sehr fern. Warum sehr fern? Damit die Stimme einem/einer nicht zu nahe tritt.
Natürlich.

Auch mit dem Alleinsein ist es eine komische Sache.

(...)
die beteiligung eines gegenübers an der überraschung
ist eine frage der temperatur,
auch der luftdruck trägt bei,

und macht die gipfel unnahbar.
ich keuche sicher
unmelodisch.

das telefon,
instrument für zwei stimmen,
ist meine hecke
(...)

Dieses Gedicht stammt aus dem Gedichtband von mir, also Ilse Kilic, erschienen 2002 in der herbstpresse.